Europäische Fledermausrufe - Aufzeichnen und Bestimmen

Wie viele Nächte akustische Erfassung?

Immer wieder stellt man sich die Frage, wie viele Erfassungen an einem Standort denn nötig sind, um die gewünschten oder benötigten Ergebnisse zu erhalten. Diese Frage wird sicherlich nie endgültig zu klären sein, da jeder Standort seine eigenen Besonderheiten aufweist. Aber ich will mal versuchen exemplarisch zu zeigen, was denn so bei der wiederholten Erfassung alles passieren kann und wie die Auswirkung auf die Daten ist.

Aufbau und Standortbeschreibung

Im Folgenden verwende ich Daten aus zwei Untersuchungen aus Deutschland. Bei der Untersuchung 1 wurde ein Dauermonitoring für 248 Tage durchgeführt. Der batcorder war dazu in ca. 10m Höhe (Box-Erweiterung) montiert. Der Standort lag im Offenland mit einem Waldrand in ca. 25m Entfernung. Die Untersuchung 2 fand in einem Waldgebiet (primär Buchenwald) an 15 unterschiedlichen Standorten im Zeitraum von 2 Jahren statt. Dort wurde ca. alle 2 Wochen jeder Standort untersucht. Es handelt sich damit um zwei typische Anwendungen des batcorder-Systems.

Die folgenden Bewertungen beziehen sich primär auf die Untersuchung 1, wo möglich wurden Daten aus der Untersuchung 2 mit hinzugezogen. Es handelt sich nicht um ausführliche wissenschaftliche Tests. Es soll einzig exemplarisch die Auswirkung der Untersuchungsnächte gezeigt werden. Sehen Sie es als Anregung für Ihre Untersuchungen.

Artinventar

An beiden Standorten habe ich das Artinventar ermittelt. Dazu habe ich alle Aufnahmen automatisch bestimmen lassen und dann manuell geprüft. Das Artenspektrum sollte insofern recht genau sein. Der Offenland-Standort erreichte insgesamt 12 Arten, dabei wurde eine Art (M. bechsteinii) nur einmal nachgewiesen: Mopsfledermaus, Breitflügelfledermaus, Bartfledermaus unbestimmt, Bechsteinfledermaus, Wasserfledermaus, Fransenfledermaus, Kleinabendsegler, Großer Abendsegler, Braunes Langohr, Rauhautfledermaus, Zwergfledermaus, Mückenfledermaus

Die andere Untersuchung im Wald ergab insgesamt sogar 14 Arten. Hier war zusätzlich die Nymphenfledermaus sowie das Graue Langohr anwesend.

Artenakkumulation

Wie zu erwarten, waren nicht innerhalb der ersten Nacht bereits alle Arten erfasst worden. Am ersten Standort mit Dauererfassung vergingen etwas mehr als 170 Tage, bis die 12. Art aufgezeichnet wurde. Es ist davon auszugehen, dass die Erfassung hier alle im Gebiet vorhandenen Arten nachgewiesen hat. Das selbe gilt auch für die 14 Arten im zweiten Gebiet. Arten-Akkumulation Im zweiten Gebiet wurden die Ergebnisse von drei zufällig gewählten Erfassungsstandorten innerhalb von drei Monaten je Untersuchungsjahr verglichen. Zum Vergleich werden die zwei untersuchten Jahre getrennt dargestellt. Große Unterschiede zwischen den beiden Jahren zeigen sich beim Standort S1. Generell erkennt man, dass mit zunehmender Erfassungsdauer Arten hinzukommen. Arten-Akkumulation

Wie viele Arten je Nacht

Basierend auf den Daten der beiden Untersuchungen habe ich ausgewertet, wie sich die Artanzahl auf die Erfassungsnächte verteilt hat. Die Abbildung zeigt links den Standort 1 im Offenen (Daueruntersuchung) und rechts die Waldstandorte der zweiten Untersuchung. Es ergeben sich maximal 8 bzw. 11 Arten in einer Nacht. Im Median wurden 3 bzw. 4 Arten je Nacht ermittelt (rote Markierung).

Verteilung der Arten auf Nächte

Das bedeutet, dass bei Erfassungen an einzelnen, zufällig gewählten Nächten in der Regel nur drei bis vier Arten erfasst werden, auch wenn unter Umständen mehr als doppelt so viele im Gebiet ermittelt werden können. Im Fall des Standorts 1 ist die Bechsteinfledermaus nicht zu erwarten und führte wohl nur durch Zufall zur Erfassung.

Für die akustische Erfassung bedeutet dies generell, dass eine größere Anzahl Nächte erfasst werden muss, um das Artenspektrum gut zu repräsentieren. Natürlich berücksichtigt die obige Darstellung nicht, dass manche Nächte verregnet oder kalt waren, so dass nur mit geringer Fledermausaktivität zu rechnen war. Insbesondere im April und dann ab Oktober gab es viele kalte und verregnete Tage.

Einfluss der Temperatur und der Aufnahmezahl

Die folgenden Grafiken zeigen vier verschiedene Aspekte der Daten des Standorts 1. Die minimalen Temperaturen je Tag als Histogramm sowie darüber den Einfluss von Temperatur auf die Anzahl Aufnahmen je Nacht. Zusätzlich wird gezeigt, wie sich die Arten in Bezug auf die Anzahl Aufnahmen und in Bezug zur minimalen Tagestemperatur verhalten. Die minimale Tagestemperatur wurde aus den Daten einer benachbarten Messstation entnommen und wurde nicht vor Ort gemessen:

Verteilung der Arten auf in Abhängigkeit von Aufnahmen und Temperatur

Klar erkennt man, dass die Temperatur eine Auswirkung auf die Anzahl Aufnahmen und die Anzahl Arten hat. Unter 0 Grad Celsius kann nicht wirklich viel Aktivität erfasst werden, ab etwas 5° nimmt Arten- und Aufnahmezahl dann deutlich zu. Was man auch erkennt ist, dass es nicht zwingend besonders viele Aufnahmen in einer Nacht sein müssen, um auch möglichst viele Arten zu erfassen.

Wenn ich daher nur Nächte von Anfang Mai bis Ende September verwende, erhalte ich bereits einen erkennbaren Unterschied. Der Median steigt im Beispiel der Daueruntersuchungsdaten von drei auf vier. Es werden also mehr Arten je Nacht aufgezeichnet.

Verteilung der Arten auf Nächte

Was bedeutet das aber jetzt ?

Ganz klar erkennt man, dass es nicht ausreicht eine oder wenige Nächte zu erfassen, wenn man ein möglichst komplettes Bild der Arten haben möchte. Im obigen Beispiel würden in ca. einem Viertel aller Nächte von Mai bis September wenigstens 4 Arten aufgezeichnet. Rein rechnerisch müssten an einem vergleichbaren Standort also ca. 40 Nächte untersucht werden, um einigermassen zuverlässige Daten zu erhalten. Beachtet man nun noch, dass eine gewisse minimale Temperatur nicht unterschritten wird, dann kann man die Anzahl Nächte nochmals verringern und dennoch mit hoher Wahrscheinlichkeit gute Ergebnisse verzeichnen. Beachtet man noch, dass unter Umständen ziehende Arten nicht immer anwesend sind und untersucht man auch in der Zugzeit (ab August bis Ende September), dann sollte man alle Arten erhalten.

Klar, das ist eine rein exemplarische Betrachtung, aber jetzt wo ich die Daten soweit aufbereitet habe, überlege ich auch, das noch mals genauer und vor allem statistisch zu durchleuchten. Mal sehen, vielleicht kann ich noch ein paar Datensätze aus Dauermonitoring-Untersuchungen ergattern, dann würde das sicherlich noch mehr viel Sinn machen.

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