Referenzrufe richtig sammeln
16.08.2013Basis der Bestimmung von Arten anhand ihrer Ortungsrufe ist die Zuweisung von aufgezeichneten Rufen zu den entsprechenden Arten. Unabhängig von den verwendeten Messwerten und dem genauen Verfahren der Bestimmung müssen also zuallererst mal Rufe jeder Art aufgezeichnet werden. Dies muss so geschehen, das die Zuordnung zur Art sicher möglich ist. Solche Rufe bezeichnet man dann auch als Referenzrufe. Gar nicht so einfach. Im folgenden Beitrag ein paar Gedanken dazu.
Übliches Verfahren
Um sichere Referenzrufe zu sammeln wurden und werden Tiere nach dem Netzfang freigelassen und dabei die Rufe aufgezeichnet. Durch die Bestimmung in der Hand, falls möglich oder nötig auch durch die Entnahme einer Genprobe für eine DNA-Bestimmung, kann man die Art sehr sicher ansprechen. Wenn man dann noch sicherstellt, dass beim Abflug kein anderes Tier vorbeifliegt, kann man so sehr sicher Referenzrufe sammeln. Diese Art der Referenzrufsammlung wird seit mehreren Jahrzehnten angewendet. Um einen ersten Eindruck der Rufe zu bekommen oder wenn noch nichts zu den Rufen einer Art bekannt ist, kann man so einen guten ersten Eindruck der Ortungsrufe erhalten.
Nachteile
Diese Methode stößt jedoch schnell an Grenzen. Beim Freilassen verwenden die meisten Arten kurze Rufe, die sich von den Ortungsrufen im Freiland unterscheiden. Das bedeutet aber auch, dass dann eine Bestimmung der Art an Hand von Ortungsrufen wiederum kaum oder nicht möglich ist. Auch muss immer sichergestellt sein, dass eben kein anderes Tier vorbeifliegt, dessen Rufe aufgezeichnet werden. Das freigelassene Tier muss für die Aufnahme am Mikro vorbeifliegen, jedoch drehen die Tiere auch gerne mal in eine ganz andere Richtung ab, so dass nur wenige, leise Rufe in der Aufnahme vorhanden sind.
Wie Referenzrufe besser sammeln?
Durch die Sammlung von Referenzrufen für batIdent kann ich auf mehr als 10 Jahre Erfahrungen zurückblicken. Im Folgenden möchte ich ein paar Beispiele aufzeigen, wie die Sammlung von besseren Rufen gelingen kann. Nicht jede der genannten Methoden wird jedoch 100% Sicherheit bei der Artbestimmung bringen. Daher müssen so gesammelte Rufe immer auch kreuzvalidiert werden. Dazu eignen sich diverse statistische Verfahren, sowie eine weitergehende Beschäftigung mit Ortungsrufen (Erfahrung!).
Freilassen am Morgen
Werden Tiere erst bei Licht nach einem Fang freigelassen, sieht man ihr Verhalten besser und “störende” Fledermäuse fehlen. Auch habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Tiere dann bereitwilliger erstmal am Freilassort kreisen, unter Umständen um sich zu orientieren.
Fotofalle
Mit einer Fotofalle im Habitat können bei ausreichender Bildqualität zahlreiche Arten angesprochen werden. Insbesondere in geschlossenen Habitaten, also z.B. über Waldwegen oder im Wald, klappen Flugfotos im Freiland recht gut. Stellt man gleichzeitig in ausreichender Entfernung zur Kameraanlage ein Aufzeichnungsgerät auf, lassen sich gute Referenzrufe im Habitat sammeln. So können Myotis, Pipistrellus und Plecotus-Rufe mit Foto aufgezeichnet werden. Ausbeute in einer Nacht sind meist ein bis fünf Fotos mit ausreichender Qualität und entsprechender Tonaufnahme.
Beim Netzfang
Ähnlich wie mit der oben beschriebenen Methode lassen sich Aufnahmen von Tieren erhalten, wenn man auf einer Flugstrasse mit Netz Tiere fängt und mit etwas Abstand davor Rufe aufzeichnet. Wichtig ist dabei dann eine möglichst akurate Zeitnahme beim Fang um Tiere auch den Aufnahmen zu ordnen zu können. Es besteht dabei immer die Gefahr, dass auch Tiere aufgezeichnet werden, dei dann nicht gefangen wurden.
Am Quartier
Auch in unmittelbarer Nähe zum Quartier können Referenzrufe gelingen. Insbesondere für Waldarten eignet sich die Methode, da Tiere nach dem Ausflug oder vor dem Einflug auch um das Quartier jagen. Wichtig ist eine möglichst lange Aufnahmezeit, am besten die gesamte Nacht. Auch ist es hilfreich, wenn keine Quartiere anderer Arten in der Nähe sind und im Quartier eine größere Anzahl Tiere übertagt. Die Aufnahmen müssen besonders gut kontrolliert werden, da auch andere Arten aufgezeichnet werden können. Als Referenz eignen sich nur solche, die z.B. auch eindeutig erkennbare Ortungsrufe oder Sozialrufe enthalten. So lässt sich das bekannte Rufrepertoire häufig erweitern, da neben bekannten Rufen auch immer wieder neue, noch unbekannte Rufe mit aufgezeichnet werden können.
Für die initiale Aufnahme von Rufen eignet sich diese Methode nur dann, wenn jegliche andere Art im direkten Umfeld ausgeschlossen werden kann. Ansonsten werden auch immer wieder andere Arten während der Jagd am Mikro vorbeifliegen.
Knicklichter
Das Problem der Referenzaufnahmen ist es, Tiere eindeutig anzusprechen, die man aufzeichnet. Eine Möglichkeit zur Markierung von Tieren ist die Verwendung kleiner Angler-Knicklichter. Diese lassen sich mit Hautkleber oder ähnlichem im Fell einer gefangenen Fledermaus befestigen. Lässt man diese dann frei, kann man sie gut an Hand des Knicklichts verfolgen. Auch hier gilt bei Aufnahmen, dass man sicher stellen muss, dass kein zweites, unmarkiertes Tier am Mikro vorbeigeflogen ist. Der Fang und das Aufkleben mit Knicklichtern erfordert in der Regel eine Ausnahmegenehmigung.
Telemetrie
Ähnlich wie bei der Knicklicht-Methode werden Tiere für telemetrische Untersuchungen mit Sendern versehen. Mit etwas Erfahrung lässt sich die Position eines besenderten Tieres auch mit hoher Genauigkeit feststellen. So können dann zum Beispiel Vorbeiflüge am Aufzeichnungsgerät festgestellt werden und als Referenzaufnahmen verwendet werden. Der Fang und das Aufkleben eines Senders erfordert in der Regel eine Ausnahmegenehmigung.
Verfolgen vom Quartier
Da eben die Rufe im Habitat, die man später auch aufzeichnet, für die Bestimmung sehr interessant sind, kann man Tiere auch vom Quartier aus verfolgen. Dies klappt nur bei Arten, die nicht allzu schnell fliegen und auch optisch und mit einem Mischerdetektor verfolgbar sind. Man verfolgt dann die Tiere bis sie ein normales Jagdverhalten zeigen und zeichnet in der Zeit Rufe von ihnen auf.
Fazit
Es gibt einige Möglichkeiten Referenzrufe zu sammeln. Meist sind diese mit einigem Aufwand verbunden. Manche benötigen auch einer entsprechenden Ausnahmegenehmigung und sind nicht mal nebenbei durchführbar. Die Erfahrung mit der Rufanalyse hat mir aber auch gezeigt, dass dieser Aufwand nötig ist, wenn man eine möglichst umfassende Kenntnis zu den Ortungsrufen der einzelnen Arten haben möchte. Häufig lassen sich mit obigen Methoden immer wieder auch noch unbekannte Ruftypen einzelner Arten finden. Wichtig ist es dabei immer, auf Zirkelschlüsse und Fehler zu prüfen, die sich hier eingeschlichen haben können. Ansonsten sind die Daten nur von begrenztem bis keinem Wert für die Rufanalyse.