Europäische Fledermausrufe - Aufzeichnen und Bestimmen

Kontaktzahl als Aktivitätsmaß

Werden akustische Daten im Feld erhoben, stellt sich immer die Frage wie diese zu bewerten sind. Da bei der akustischen Erfassung in der Regel nicht zwischen Individuen unterschieden werden kann, ist eine Quantifizierung in Form einer Individuenzahl nicht möglich. Eine Möglichkeit der Bewertung ist die Nutzung der Anzahl Kontakte. Wie geht das? Was bedeutet das? Und am Ende: wieso Kontakte vielleicht besser nicht verwendet werden.

Was bedeutet die Kontaktzahl eigentlich?

Die Anzahl an Kontakten ist ein Maß für die Menge an Fledermausaktivität. Steht man mit dem Mischerdetektor im Feld, dann zählt man als einen Kontakt jede Fledermaus, die man getrennt von anderen hört. Das heisst, die Fledermaus fliegt in den Erfassungsbereich und verlässt ihn wieder. Man hört eine Folge von zusammenhängenden Ortungslauten. Dabei wird nicht zwischen Individuen unterschieden. Also kann auch ein einzelnes Tier mehrere Kontakte erzeugen.

Und wie zähle ich das nun genau?

Das Oben ist die blanke Theorie, wie sieht das aber in der Praxis aus? Oder aber, wie lange muss die Pause zwischen zwei Kontakten sein, um sie als zwei Kontakte zu zählen? Das hängt wiederum davon ab, ob man vor Ort das oder die Tiere beobachten kann oder ob man Aufnahmen eines Monitoring-Systems zur Verfügung hat. Steht man selber mit dem Detektor im Feld, kann man häufig erkennen, ob ein neues Tier (z.B. auf einer Flugstrasse) oder das selbe Tier (bei der Jagd) gehört wird. Nun ist das aber ein sehr subjektives Maß und jeder wird zu einer anderen Bewertung kommen. Da das keine brauchbaren Ergebnisse liefert, ist es notwendig, sich auf eine feste Pausenlänge zu einigen. Aus der Literatur kenne ich keine Vorgaben. Gerne wird die Anzahl Aufnahmen als Äquivalent verwendet.

Kurze Pause

Ich würde im Hinblick auf objektive Zählung eine kurze Pause wählen. Je länger die Pause, desto komplizierter ist die Anwendung. Bei längeren Pausen sollte man nicht mehr von Kontakten, sondern von Aktivität je Zeiteinheit sprechen. Daher ist eine kurze Pause besser, um Kontakte zu beschreiben. Sie sollte sich technisch als auch manuell (im Feld!) leicht messen lassen. Ich plädiere für eine Sekunde Pause. So lassen sich auch Flugstrassen untersuchen. Es ergibt sich in der Regel noch ein Kontakt je durchfliegendem Tier. Jagende Tiere erzeugen dann vielleicht viele Kontakte, aber die wichtige Funktion des Standorts wird dann auch entsprechend abgebildet. Im Idealfall kann man so Kontakte für jede Art getrennt zählen. Und der batcorder kann bei passender Einstellungen (langer Posttrigger) gleich mehr oder minder die Anzahl Kontakte ohne Umrechnen liefern.

Probleme?!

Klar, auch fünf, 10 oder 30 Sekunden sind als Pausenlängen denkbar. Aber dann kann es sein, dass Flugstrassen mit 100 Tieren, die am Stück durchfliegen, nur wenige Kontakte ergeben. Das wäre doof. Das selbe könnte an einem Gewässer passieren. Auch doof. Klar, man kann dann argumentieren, dass man die Flugstrasse oder die Jagd am Gewässer durch die Beobachtung auch anders zählen könnte. Je länger die Pause, desto umständlicher ist es auf jeden Fall, Kontakte im Feld zu zählen. Und je länger die Pause, desto weniger kann man noch von Kontakten sprechen, sondern muss sich einen anderen Begriff ausdenken. Ich bin aus diversen Gründen sogar ein Befürworter von z.B. 60 Sekunden Zählintervallen, aber das sind dann keine Kontakte mehr! Dazu ein anderes Mal mehr.

Wie werden Kontakte verwendet?

Die Kontaktzahl stellt eine einfache Möglichkeit dar, Daten von verschiedenen Standorten zu vergleichen oder generell Aktivität zu bewerten. Vor allem für den Vergleich von Standorten kann so schnell evaluiert werden, welcher Standort bevorzugt genutzt wird. Auch wenn so keine Beschreibung der Aktivität vorliegt, erkennt man sehr leicht einen Nutzungsunterschied. In Abhängigkeit der tatsächlichen Fragestellung ist es dann natürlich nötig zum Beispiel eine zeitliche Verteilung der Kontakte zu berücksichtigen, um etwaige Nutzungsmuster oder Nutzungsarten (Quartier, Flugstrasse, Jagd) zu unterscheiden.

Kontakte der Zwergfledermaus an verschiedenen Standorten

Die Grafik zeigt ein einfaches Beispiel für die Anwendung der Kontakte. An mehreren Standorten wurden batcorder eingesetzt und die Kontaktzahl für die Zwergfledermaus ermittelt. Standort C ist derjenige mit der höchsten Kontaktzahl, die Standorte B,E und F wurden dagegen kaum genutzt. Auch dem Laien erschliesst sich schnell, was dieses Aktivitätsmaß aussagt.

Einfluss der Technik

Die Kontakt-Zählung ist in der Praxis nicht immer leicht durchzuführen. Bereits mit dem Detektor und höherer Aktivität, d.h. u.U. mehrere Arten die gleichzeitig fliegen, ist es schwer Kontakte zu zählen. Außerdem steht man ja nicht immer selber mit dem Detektor draussen, häufig übernimmt ein automatisches Aufnahmegerät diese Aufgabe. Bei den automatischen Systemen gibt es zahlreiche Unterschiede in Bezug auf die Aufnahmesteuerung.

Manche Geräte starten und stoppen die Aufnahme gesteuert durch die Anwesenheit von Fledermausrufen (z.B. der batcorder). Solche zählen bereits mehr oder minder gut Kontakte nach obiger Definition. Der batcorder mit Posttrigger von 800ms liefert beinahe ohne Umrechnen die Kontaktzahl.

Anderen Systeme zeichnen immer ab Auslösung für eine feste Zeitspanne auf. Das kann dazu führen, dass ein Kontakt in mehrere Aufnahmen zerlegt wird. Ebenso können in einer Aufnahme mehrere Kontakte nach obiger Definition beinhaltet sein. Um also Kontakte zu berechnen, müssen die Aufnahmen manuell auf Pausen untersucht werden.

Kontakte in der Anwendung

Häufig findet sich die Kontaktzahl in Gutachten wieder. Auch in Winderlässen, wie z.B. aus Brandenburg. Ärgerlich ist dabei jedoch, dass sehr häufig - eben z.B. auch in dem genannten Winderlass - keine Definition von Kontakten gegeben ist. Dadurch ist es legitim, das Aufnahmegerät auf 30 Minuten Aufnahmedauer zu setzen und dann eine Aufnahme als Kontakt zu zählen. Meine Definition von Kontakten muss nicht korrekt sein - aber wenigstens ist es eine Definition, auf die man sich berufen kann. Wird einfach nur so von Kontakten gesprochen, ohne dass es eine Definition gibt, ist das nicht weiterführend.

Die Grafik unten zeigt, dass bei Geräten mit fixer Aufnahmelänge (5 Sekunden bzw. 60 Sekunden als Beispiel) kein linearer Zusammenhang zwischen Aufnahmezahl und Kontaktzahl besteht. Das bedeutet, bei einer falschen Anwendung kann sich die vermeintliche Kontaktzahl im Vergleich zur tatsächlichen Kontaktzahl deutlich erniedrigen. Daher darf dann niemals die Aufnahmezahl als Kontaktzahl verwendet werden.

Vergleich von Kontakten und fixer Aufnahmelänge

Deutlich sieht man, dass die fixen Aufnahmelängen dazu führen, dass die vermeintliche Kontaktzahl auf bis zu 40% der echten Kontaktzahl absinkt. Der Standort mit vielen Kontakten wird im Beispiel am stärksten abgewertet. Man sollte bei Verwendung von Geräten mit fester Aufnahmelänge nicht mehr Kontakte und Aufnahmen gleich setzen. Am besten wertet man mit fester Definition (wie z.B. oben getroffen) die Kontakte aus. Oder man sucht ein anderes Maß um Aktivität zu vergleichen. Ach ja, auch für batcorder mit Posttrigger 200ms, 400ms oder 600ms gilt, dass die Aufnahmezahl nicht gleich der Kontaktzahl ist. Bei den Einstellungen werden unter Umständen höhere Aufnahmezahlen produziert, da die Pause bei 200 bis 600ms liegt.

Vielleicht sollte man die Verwendung des Begriffs Kontakt generell überdenken. Vielleicht sollten gerade wegen der technischen Einflüsse andere Bewertungskriterien genutzt werden?!

Ich denke es ist ohne Definition nicht möglich, von Kontakten zu sprechen. Jeder wird etwas anderes darunter verstehen, und niemand kann es so mit den eigenen oder anderen Daten vergleichen. Daher bin ich eigentlich dafür, dass Wort Kontakte nicht zu verwenden. Ein besseres Aktivitätsmaß sollte herangezogen werden. Da gibt es das eine oder andere… z.B. die Aktivität in Sekunden oder Minuten mit Aktivität…

Zum Abschluss

Goldene Regel: ein Aktivitäts-Indizes darf nur jeweils für eine Art angewendet werden! Zum Beispiel um die Aktivität zwischen einzelnen Standorten oder zwischen einzelnen Nächten an einem Standort zu vergleichen. Niemals gehen direkte Vergleiche zwischen Arten! Unterschiede der Jagdweise und des Ortungsmodus zwischen den verschiedenen Arten machen einen direkten Vergleich von Ergebnissen schwer bis unmöglich. Dies gilt auch für die Anzahl Kontakte. Also niemals 20 Ppip Kontakte mit 5 Nnoc Kontakten vergleichen und von weniger Nnoc Aktivität sprechen!

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