Europäische Fledermausrufe - Aufzeichnen und Bestimmen

Echtzeit-Abschaltung von WEA

In den letzten Wochen wurde mehrfach bei Terminen im Rahmen von Windkraftplanungen und Windkraftforschung vorgeschlagen, WEA nur noch bei Anwesenheit von Fledermäusen abzuschalten. Also eine Echtzeit-Erkennung mit Stopp, und ansonsten freier Betrieb der WEA. So erhofft man sich deutlich geringe Abschaltzeiten, als bei der bisherigen Wettergesteuerten Lösung. Ich zeige im Folgenden, wieso diese Echtzeit-Abschaltung nicht trivial ist und keine adequate Schutzlösung darstellt.

Die in den RENEBAT-Studien ermittelte Abhängigkeit der Fledermausaktivität von Umweltparametern dient in Deutschland, ebenso wie teilweise in anderen Ländern, als die sinnvollste Massnahme zum nötigen Schutz der Fledertiere im WEA-Wirkungsbereich. Bei Eintreten von Flugbedingungen von Fledermäusen, müssen die WEA abgeschaltet werden. Ändert sich die Windgeschwindigkeit oder Temperatur hin zu ungeeignetem Flugwetter, kann die WEA betrieben werden. Insbesondere Betreiber erwünschen sich geringere Abschaltzeiten, fürchten Sie so teils massive Ertragseinbussen. Daher fordern sie, ebenso wie windkraftnahe Gutachter eine Abschaltung nur bei tatsächlicher Fledermausaktivität in Gondelhöhe. Dafür soll zum Beispiel das DTBat-System verwendet werden.

Dieses System ist bereits in der Schweiz eingesetzt worden1. Die Hersteller des Systems ziehen dabei ein positives Fazit, dass sich jedoch bei genauer Betrachtung als eher katastrophal herausstellt. Denn die “auslösende” Fledermaus gelangt jeweils vor Abschaltung der WEA in den Wirkbereich des Rotors und ist damit massiv schlaggefährdet. Die Autoren sehen eine Verbesserung als möglich an, was sich wenigstens mir fachlich nicht erschliesst. Wie im Folgenden ausgeführt stehen diverse technische und physikalische Limitierungen dem gegenüber.

Detektionsreichweite

Das Grundproblem ist ein sehr einfaches: zu geringe Detektionsreichweite, mit zunehmender Ruffrequenz sinkt die Reichweite immer stärker. Dies ist weniger bedingt durch das verwendete Mikrofon, sondern primär Folge der Faktoren Ruflautstärke und atmosphärischer Abschwächung des Schalls während der Ausbreitung. In Relation zum Rotor ist, wie in diesem Blog auch schon gezeigt, die Detektionsreichweite sehr gering. Aber selbst unter der Annahme, dass die Detektionsreichweite selbst bei großen 120 bis 150 m durchmessenden Rotoren noch auf Radius-Distanz erweitert werden kann, gibt es ein weiteres Problem.

Abschaltung von WEA

Eine WEA kann nur per Notstopp direkt angehalten werden. Normale Stopps benötigen mehrere Umdrehungen, bis die Rotoren so langsam sind, dass sie nicht mehr so gefährlich für passierende Fledermäuse sind. Die großen bewegten Massen haben eine entsprechende Trägheit. Notstopps sind extreme Belastungen des Materials und nur in Ausnahmefällen möglich.

Fluggeschwindigkeit, Reichweite und WEA-Stopp

Betrachtet man Detektionsreichweite, Abschaltgeschwindigkeit der WEA und die Fluggeschwindigkeit von Fledermäusen mit 10 bis 15 m/s, dann zeigt sich ein einfaches Problem: Löst die Fledermaus die Abschaltung aus, ist sie bereits recht nahe am Gefahrenbereich. Die kurze Distanz bis zum Rotor überwindet sie innerhalb weniger Sekunden. Der Rotor dreht da jedoch noch mit beinahe voller Geschwindigkeit. Die Fledermaus wird also dennoch geschlagen. Das ist eben auch das Ergebnis des DTBat-Einsatzes aus der Schweiz. Die folgende Grafik zeigt dies nochmals vereinfacht:

Abschaltung einer WEA basierend auf erkannten Fledermausrufen

Akustische Störungen - falsch positive Fledermäuse

Würde man die Mikrofon-Empfindlichkeit entsprechend erhöhen können - was tatsächlich aber auch aus physikalischen Gründen der Schallausbreitung nicht möglich ist. Aber nur unter der fiktiven Annahme, man könnte. Eine WEA-Gondel ist ein sehr lauter Ort. Es entstehen Schalldruckpegel von 100 dB bis 120 dB. Das wiederum bedeutet, dass es im Gondelumfeld akustische Störungen gibt. Je empfindlicher das Mikrofon, desto stärker werden diese Betriebsgeräusche mit dem Detektor erfasst. Zeigen diese Geräusche Charakteristiken wie konstantfrequente Anteile oder kommt es durch Übersteuerungen zu solchen, dann wird die Rate an falsch positiven Erkennungen massiv ansteigen. Das wiederum bedeutet, dass die WEA durch die eigenen Geräusche gestoppt wird. Das kann ein wahrer Teufelskreis sein, denn mit dem Stopp verschwinden die Geräusche - also die scheinbaren Fledermäuse. Der Betrieb wird wieder aufgenommen, und schon sind die falschen Fledermäuse wieder da. Eine sichere Unterscheidung von Fledermausrufen und Störlauten ist selbst bei einer manuellen Kontrolle nicht immer möglich respektive sehr schwer. Eine automatisierte Erkennung von falsch positiven in der Gondel ist somit nicht zuverlässig möglich. Außerdem benötigt eine solche genauere Analyse wertvolle Zeit, somit besteht die Gefahr, dass der Rotor noch später gestoppt wird und Fledermäuse wiederum zu Tode kommen.

Fazit

So praktisch es wäre, wenn WEA bei Anwesenheit von Fledermäusen gestoppt werden könnten, technisch und vor allem physikalisch ist es nicht möglich. Akustische Sensoren müssten in einem entsprechendem Abstand zum Rotor installiert werden, um ausreichend Vorlauf für den Stopp zu haben und Störlaute nicht zu falsch-positiven Erkennungen führen.

  1. Hanagasioglu, M., Aschwanden, J., Bontadina, F., & la Puente Nilsson, de, M. (2015). Investigation of the effectiveness of bat and bird detection of the DTBat and DTBird systems at Calandawind turbine (pp. 1–142). Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK. 

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